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Heinser Kalkofen – Schachtofen und Industriedenkmal an der Oberweser

Heinser Kalkofen – Schachtofen und Industriedenkmal an der Oberweser

Eingebettet in den Hangwald des oberen Hagengrundes bei Heinsen erhebt sich der Heinser Kalkofen, ein massiver, eckiger Schachtofen aus Bruchsteinmauerwerk. Er ist das letzte erhaltene Bauzeugnis einer ganzen Reihe von Kalköfen, die einst entlang der Oberweser bei Heinsen, Polle und Brevörde standen. Im 17. bis 19. Jahrhundert bildete das Kalkbrennen hier einen bedeutenden Wirtschaftszweig – betrieben und organisiert durch die Heinser Schiffer, die sich zur „Kalkhandlungscompagnie“ zusammenschlossen.

Geschichte und wirtschaftlicher Hintergrund

Um 1800 waren im Raum Brevörde–Polle–Heinsen etwa zwölf bis vierzehn Kalköfen in Betrieb. Sie nutzten die nahegelegenen Kalksteinschichten und profitierten von der Weser als Transportweg, über die der gebrannte Kalk sogar bis nach Bremen verschifft wurde.
In der Heinser Ortschronik wird von einer monopolartigen Kalkhandelsgesellschaft berichtet, die 1788 gegründet und 1792 vom Amt Polle genehmigt wurde. Diese Organisation kontrollierte sowohl den Verkauf als auch den Transport des Kalks und trug wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region bei.

Bauweise und Funktionsprinzip

Der Heinser Kalkofen ist kein Rundbau, sondern ein massiver, quaderförmiger Schachtofen aus Bruchstein. Die Mauern sind leicht nach innen geneigt und durchzogen von eisernen Halteelementen. Seine Höhe beträgt rund 8,10 Meter, die Tiefe etwa 4 Meter. An der Frontseite befindet sich ein Entladungsschacht, an den Seiten jeweils Befeuerungsschächte, durch die der Brennstoff eingebracht wurde.

Im Inneren verlief der Brennprozess nach dem Prinzip des kontinuierlichen Schachtbetriebs:
Von oben wurden Kalksteine und Brennstoff lagenweise eingeschichtet. Im mittleren Bereich, der sogenannten „Hölle“, herrschten Temperaturen um 900 – 1050 °C, bei denen der Kalkstein (CaCO₃) zu Branntkalk (CaO) zerfiel – der chemische Vorgang der Kalzination. Die heißen Abgase stiegen nach oben und erhitzten das nachrutschende Gestein, während unten das gebrannte Material entnommen wurde.

Nutzung und Niedergang

Bis etwa 1950 war der Kalkofen in Betrieb. Danach wurde die Produktion eingestellt – neue Baustofftechniken und industrielle Kalkwerke verdrängten die handwerklich betriebenen Öfen. Die Anlage verfiel, blieb jedoch als Ruine erhalten und war damit der letzte baulich erhaltene Kalkbrennofen im weiteren Umfeld der Oberweser.

Restaurierung und Denkmalpflege

Zwischen 1999 und 2003 wurde der Heinser Kalkofen umfassend restauriert. Das Projekt war eine kooperative Gemeinschaftsleistung des

  • Heimat- und Kulturvereins Heinsen e. V.,
  • der Kreisarchäologie Holzminden,
  • der Denkmalpflege,
  • der Gemeinde Heinsen,
  • des Arbeitervereins Heinsen
    und einer Schülergruppe des Campe-Gymnasiums Holzminden.

Dabei wurden die Mauern gesichert, Öffnungen und Schächte stabilisiert und die ursprüngliche Kubatur weitgehend erhalten.

Gegenwart und kulturelle Bedeutung

Heute ist der Kalkofen als technisches Industriedenkmal geschützt und in den Historischen Wanderweg Heinsen integriert. Eine begleitende Ausstellung im Heimat- und Schifffahrtsmuseum Heinsen informiert über die Geschichte des Kalkbrennens, die Arbeit der „Kalkhandlungscompagnie“ und die Restaurierung des Ofens.

Der Heinser Kalkofen ist damit nicht nur ein Bauwerk, sondern ein Stück lebendiger Regionalgeschichte: ein stilles Zeugnis handwerklicher Technik, lokaler Wirtschaftsorganisation und gemeinschaftlicher Denkmalpflege.